zurück

Marcus Wirth

Marcus Wirth ist 14 Jahre alt und wohnt sein Leben lang schon in seinem Geburtshaus in Oberhausen. Er ist von seinem Schulanfang bis zum übertritt auf die Franz-von-Assisi-Schule in Haunstetten auf die Pestalozzi-Volksschule in Oberhausen gegangen. Aus dieser Zeit hat er viele Freunde mit Migrationshintergrund und er erlebt Vorurteile gegen sein Heimatviertel immer öfter.

Marcus Wirth

Marcus ist der Sohn von Herbert Wirth und wollte auch, wie sein Vater, seine Kindheit für die Nachwelt in Oberhausen festhalten. Er erzählt uns von seiner Kindheit in der Schißlerstraße in Oberhausen. Schon bei seinen ersten Antworten hört man heraus, dass ihm sein Viertel viel bedeutet. Er ist zusammen mit seiner Schwester in diesem Haus aufgewachsen und hat in der Gegend viele Freunde. Wenn es wichtige Gründe gäbe, aus Oberhausen wegzuziehen, würde er das tun, aber im Moment gefällt es ihm sehr gut und Marcus würde nichts verändern wollen.

Viele seiner Freunde sind ausländischer Herkunft, zum Beispiel aus der Türkei, Albanien, Rumänien oder aus dem Irak, doch auf dem Bolzplatz sind alle gleich. »Meine deutschen Freunde und ich gehen gut mit ihnen um, es gibt kein Mobbing und sie werden immer integriert – sie werden wie alle anderen behandelt.« Durch den übertritt auf die Franz-von-Assisi-Schule, eine freie katholische Volksschule in Augsburg, hat sich der Kontakt zu seinen ehemaligen ausländischen Mitschülern verringert. Der Grund dafür liegt aber nicht an seinen Freunden, sondern daran, dass der stressige Schulalltag viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Franz-von-Assisi-Schule liegt in Haunstetten – er fährt jeden Tag eine Stunde zur Schule und wieder eine Stunde zurück. Während des Schultages hat er, aufgrund der religiösen Konfession, wenig bzw. kaum Kontakt zu Jugendlichen mit Migrationshintergrund, da Migranten mit christlichem Glauben in seinem Umfeld eine Minderheit bilden. Deshalb trennt sich der Kontakt gewissermaßen in Freizeit- und Schulleben auf. »In der Schule bin ich mehr mit Deutschen zusammen und in der Freizeit mehr mit Ausländern.« Er fügt aber hinzu, dass er keinen Unterschied zwischen diesen Gruppen mache. Auf die Frage hin, wie sein Kontakt zu Ausländern aussieht, antwortet er, dass der Kontakt friedlich sei und er sich mit den meisten gut verstehe. Er hat nur etwas gegen Leute, die sich »aufmucken« und glauben, sie brauchen sich nicht zu benehmen. Er findet, dass sich Migranten integrieren sollen und im Gegenzug die Deutschen ihre Vorurteile ihnen gegenüber ablegen sollen.

Nachdem er zuhause ist, »chillt« er ein bisschen und macht sich dann an seine Hausaufgaben. Danach muss er noch ein bisschen lernen und kann dann endlich raus zum Fußballspielen. Für Marcus, wie für die meisten Jungs in Oberhausen, gehört der Bolzplatz neben seinem Zuhause zu den wichtigsten Treffpunkten in seinem Viertel. Er liegt in der Manlichstrasse in Oberhausen, direkt am Tunnel des Bahnübergangs, wird von allen nur »Manlich« genannt, und nur ein echter Oberhauser assoziiert diesen Begriff mit Fußball. Auf dem »Manlich« sind alle gleich und immer ist jemand da, man ist nie allein. Hier treffen sich die Jugendlichen im Sommer fast täglich zum Fußballspielen. Es gibt keine festen Uhrzeiten oder Tage, an denen man in der Manlichstraße bolzt. Gespielt wird immer und bei jedem Wetter. »Der Bolzplatz in der Manlichstraße macht uns allen viel Freude – genauso wie der Plärrer zur Plärrer-Saison im Herbst und an Ostern.« Auf dem Plärrer wird wie früher viel Zeit verbracht, für Marcus waren anfangs die Autoscooter interessant, heute viel mehr das »Sehen und Gesehen werden«. Man trifft sich am BreakDancer und läuft seine Runden, spielt ab und zu eine Partie Rondo (ein Spiel, bei dem Münzen durch andere Münzen in einer Art Kasten mit einem Schieber zum Fallen gebracht werden müssen, um Punkte zu sammeln) und geht nach ein paar Stunden wieder nach Hause. Oberhausen ist schöner geworden – die Leute, die schlecht über seinen Stadtteil denken und reden, waren schon länger nicht mehr dort. überall sieht man renovierte und gestrichene Häuserfassaden. Das im Volksmund oft als »Getto« bezeichnete Viertel ist schöner, bunter und freundlicher als noch vor einigen Jahren. Die Kriminalität ist gesunken. »Ich habe mal eine Schlägerei auf dem Plärrer mitbekommen – aber ich glaube, das ist in der Innenstadt nicht viel anders«, erzählt uns Marcus.

Marcus Wirth

Marcus genießt seine Jugend in Oberhausen und er kann sich durchaus vorstellen, auch später hier zu wohnen, da Oberhausen viele Vorteile bietet: »Man ist innerhalb von ein paar Minuten am Königsplatz und mitten in der Stadt, man hat die Wertach vor der Tür und lebt zentral, aber ohne den Lärm und die vielen Leute.« Wir bedanken uns recht herzlich bei Marcus für die Zeit und Mitarbeit an unserem Projekt!

Text: ANNA WIRTH & TANJA ROGAL